Programm

WIE ES EUCH GEFÄLLT

„Nach Gott hat Shakespeare am meisten geschaffen“, so Alexandre Dumas zu William Shakespeare, dessen 450. Geburtstag im April dieses Jahres Anlass genug ist, ein Stück dieses Literaturgenies, das man seit Jahrhunderten immer wieder gefeiert, vergessen, neu entdeckt, in Frage gestellt und zum bedeutendsten Dramatiker aller Zeiten erklärt hat, auf die Bühne zu bringen.
In der witzig-ironischen Komödie Wie es euch gefällt hat Herzog Frederick seinen älteren Bruder, den legitimen Herrscher, vertrieben und sich dessen Herzogtum angeeignet. Dem Verbannten ist mit einigen Gefolgsleuten die Flucht in den Ardenner Wald gelungen, wo er in dieser Gemeinschaft von Gleichen unter den Bäumen ohne jeden Pomp Hof hält und mit dem philosophierenden Jacques disputiert.
Wie der Exil-Herzog ist auch der junge Edelmann Orlando ein Betrogener. Als er Charles, den Ringer Herzog Fredericks, wider Erwarten durch seine Geschicklichkeit besiegt, flieht er vom Hofe seines Bruders Oliver, der ihn als Rivalen fürchtet und ihm nach dem Leben trachtet, ebenfalls in den Wald der Ardennen. Mit seiner Tapferkeit im Kampfe hat Orlando das Herz Rosalinds, der Tochter des älteren Herzogs, gewonnen. Auch sie wird von Herzog Frederick verbannt und macht sich, als Mann verkleidet, zusammen mit dessen Tochter Celia, die ihrer Cousine die Treue hält, und dem Narren Touchstone auf die Suche nach ihrem Vater. In den Ardennen begegnet sie Orlando und gibt sich ihm gegenüber als Jüngling Ganymed aus, der ihn von seiner Liebe heilen könne, ein Spiel, in das sich beide heillos verstricken und mit dem sie sich nur noch festera aneinander binden. Amor schafft aber im Walde noch mehr Verwirrung, so dass am Ende vier Paare den Hochzeitsreigen tanzen; zudem kommt es in dieser scheinbar märchenhaften Idylle zu einer Läuterung Olivers und Herzog Fredericks.
Für Shakespeare bedeutet der Aufbruch nach Arkadien eine Flucht in die Illusion, in Mythologie und Mummenschanz, vielleicht auch die Suche nach einem verlorenen Paradies, in dem alle Gegensätze überwunden sind, in dem der Mensch über alle Irrungen hinweg die Wahrheit erkennt und zum anderen sowie zu sich selbst findet.


WIE ES EUCH GEFÄLLT

Spielleitung   Beate Ladewig, Ulrike Manßen
Bühne und Technik   Cijam Moschref, Philip Nejhadhashemy
Kulissen- u. Requisitenbau   Ensemble-Mitglieder
Maske   Greta Dolczewski, Eske Giesmann
Plakat   Beate Ladewig, Ulrike Manßen

PERSONEN

Herzog, lebt in der Verbannung   Sören Lindemann
Rosalind, seine Tochter   Ann-Rieke Röhricht
Frederick, sein Bruder, hat die Macht übernommen   Stephan Pham
Celia, Fredericks Tochter   Rebecca Konrad
Amelie von Amiens   Inken Giesmann
Jacques, Edelmann   Fabian Logemann
Le Beau, Höfling und Conférencier   Johannes Bölts
Charles der Zerstörer, Ringer   Philip Nejhadhashemy
Oliver, der ältere Sohn des Rowland de Boys   Mika Ammermann
Orlando, der jüngere Sohn des Rowland de Boys   Miguel Weßling
Adam, Diener Olivers   Daria Heibült
Touchstone, ein Narr   Jan Franzen
Priester   Wilhelm Sparn

Corinna, Schäferin   Diana Bytyci
Silvius, Schäfer   Jared Sirsch
Phoebe, seine Angebetete   Katharina Margraf
Wachen   Lena Franzen, Greta Liesenhoff, Nabil Moschref
Diener / Höflinge   Finn Behrens, Nabil Moschref, Greta Dolczewski, Kerstin Heibel,
Lea Sophie Hoppe, David Klein, Nele Krenz, Paula Weßling, Dominik Zach

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Kein Motiv des Menschenlebens, das er nicht dargestellt hätte. Und alles mit welcher Leichtigkeit und Freiheit! Schäkespear, mein Freund, wenn du noch unter uns wärst, ich könnte nirgend leben als mit dir.

Johann W. von Goethe


WILLIAM SHAKESPEARE (1564-1616)

Wenn man davon ausgeht, dass es tatsächlich ein einziger Mann war, der unter seinem eigenen Namen die vielleicht einflussreichsten Dra-men der Weltliteratur verfasste, so wurde dieser als William Shakespeare 1564 als Sohn eines angesehenen Händlers und Ratsherrn im mittel-englischen Stratford-upon-Avon getauft. Vermutlich erhielt er eine respektable Ausbildung an der ortsansässigen Lateinschule und heiratete mit gerade einmal 18 Jahren etwas überstürzt die um einige Jahre ältere Anne Hathaway, die in kurzer Folge drei Kinder bekam.
Allerdings verließ Shakespeare seine junge Familie recht bald für längere Zeit; für die folgenden Jahre, die sogenannten lost years, fehlen biografische Belege. Ab 1592 verdiente sich Shakespeare dann nach-weislich sein Brot in London als Schauspieler und Stückeschreiber. Er schloss sich den Lord Chamberlain’s Men an, einer von Elisabeth I. protegierten Theatergruppe.
Als Schauspieler erfand er sich in dieser Zeit beinahe täglich neu, denn die elisabethanische Aufführungspraxis setzte voraus, dass er an sechs Tagen der Woche in sechs verschiedenen Stücken mitwirkte. So probte er oft am Vormittag ein neues Schauspiel, während er am Nachmittag in einem anderen auftrat; gleichzeitig schrieb er, häufig unter zeitlichem und finanziellem Druck, an einem oder gar mehreren neuen Werken.
Um 1600, am Ende der bereits dahinbröckelnden glänzenden Ära Elisabeths, stand Shakespeare auf dem Höhepunkt seines Schaffens: In weniger als 24 Monaten verfasste er Viel Lärm um Nichts, Das Leben von König Heinrich V., Die Tragödie von Julius Cäsar, Wie es euch gefällt und Die Tragödie von Hamlet, Prinz von Dänemark.
Shakespeare war nicht nur ein herausragender Dichter, sondern ein ebenso umtriebiger Geschäftsmann, der es auch als Teilhaber am Globe Theatre zu einem beachtlichen Vermögen brachte. Als gemachter Mann kehrte er zu seiner Familie zurück, gab die Schauspielerei auf, blieb aber dem Schreiben bis zu seinem Tod im Jahre 1616 treu. Dass er in seinem Testament seiner Ehefrau nur das zweitbeste Bett vermachte, führt bis heute zu wildesten Spekulationen über die Qualität seiner Ehe, über seine Identität und die Urheberschaft seiner etwa 40 erhaltenen Büh-nenwerke, die fast ausnahmslos der Weltliteratur zugerechnet werden.


Freiherr von Knigge: Über den Umgang mit und unter Verliebten

1. Mit Verliebten ist vernünftigerweise gar nicht umzugehen; sie sind, so wenig als andre Betrunkene zur Geselligkeit geschickt; außer ihrem Abgotte ist die ganze Welt tot für sie. Man mag übrigens leicht mit ihnen fertig werden, wenn man nur Geduld genug hat, sie von dem Gegenstande ihrer Zärtlichkeit reden zu hören, ohne zu gähnen […]
2. Den Verliebten selbst Regeln über ihren Umgang miteinander zu geben, das würde verlorene Mühe sein; denn da diese Menschen selten bei gesunder Vernunft sind, so wäre es ebenso unsinnig zu verlangen, daß sie sich dabei gewissen Vorschriften unterwerfen sollten, als wenn man einem Rasenden zumuten wollte, in Versen zu phantasieren […]
3. Die erste Liebe bewirkt ungeheure Revolutionen in der ganzen Sinnesart und dem Wesen des Menschen. Wer nie geliebt hat, kann keinen Begriff haben von den seligen Freuden, die der Umgang unter Verliebten gewährt […] Der Jüngling sieht die Geliebte zärtlich an; sie errötet; ihr Blick wird unruhig, unstet, wenn er mit einem andern Mädchen zu viel und zu freundlich redet […] Man nimmt mit den Augen Verabredungen auf morgen, entschuldigt sich, warnt vor Beobachtern, erkennt sich gegenseitige Rechte aufeinander an und hat sich doch noch mit keinem Wörtchen gesagt, was man füreinander fühlt. Allein man sucht von beiden Seiten ernstlich die Gelegenheit dazu; sie kommt, kommt oft, und man läßt sie ungenutzt vorbeistreichen […] Ist endlich das längst im Busen pochende Bekenntnis den furchtsamen Lippen stotternd entflohn […], dann lebt man vollends erst ganz füreinander, ist so wenig um die übrige Welt bekümmert, sieht und hört nichts um sich her, ist in keiner Gesellschaft verlegen mit seiner Person, wenn nur der teure Gegenstand uns freundlich anlächelt, findet alles Ungemach des Lebens leicht zu ertragen an der Seite des Geliebten, glaubt nicht, daß es Krankheit, Armut, Druck und Not in der schönen Welt geben könnte, lebt mit aller Kreatur in Frieden, verachtet Gemächlichkeit, köstliche Speise, Schlaf. O Ihr! Wenn Ihr je so wonnevolle Zeiten verlebt habt, sprechet! Ist ein süßrer Traum zu träumen möglich?

Adolph Freiherr von Knigge: Über den Umgang mit Menschen, Berlin 2013