Programm

LYSISTRATA

Die streitbare Athenerin Lysistrata wartet nahe der Akropolis auf Frauen aus verschiedenen griechischen Städten, um ihnen einen Plan zur Beendigung des jahrelangen Bruderkrieges gegen Sparta zu unterbreiten: Alle Frauen sollen sich ihren Männern so lange sexuell verweigern, bis diese dem Krieg ein Ende setzen.

Von der drohenden Enthaltsamkeit sind einige Frauen nicht gerade begeistert, doch Lysistratas Argumente überzeugen sie schließlich. Die Frauen beschwören ihre Einigkeit, besetzen die Akropolis und verteidigen sich dort gegen die aufgebrachten Männer.

Doch schon bald stößt Lysistrata bei den Frauen selbst auf Schwierigkeiten, als die ersten unter fadenscheinigen Vorwänden aus der selbstgewählten Isolation flüchten und zu ihren Männern schleichen wollen. Es gelingt ihr, die Pläne dieser Liebestollen zu durchkreuzen und eine Mitstreiterin dazu zu animieren, ihrem Ehemann mit kecken Worten und aufreizenden Verzögerungen ein improvisiertes Liebeslager zu bereiten, um ihn dann öffentlich zum Narren zu halten und den Frauen einen großen Spaß zu bieten.

Kurz darauf berichten Gesandte aus Sparta den Männern Athens von unhaltbaren Zuständen, da auch dort und in anderen Städten die Frauen dem vereinbarten Enthaltsamkeitsgebot konsequent folgen. Damit ist der Weg zur Verständigung frei, und Lysistrata kann endlich die Männer der beiden kriegführenden Parteien zu Verhandlungen bewegen und den langersehnten Frieden verkünden.


LYSISTRATA

Spielleitung Beate Ladewig, Ulrike Manßen
Bühne und Technik Bent Cramer, Tobias Güldener,
Jannes Manßen, Cijam Moschref
Kulissen- u. Requisitenbau Ensemble-Mitglieder
Plakat Beate Ladewig, Ulrike Manßen

PERSONEN

Athener Frauen:
Lysistrata Rebecca Konrad
Kalonike Inken Giesmann
Myrrhine Katharina Margraf
Timäa Vanda Martinic
Peitho Astrid Hullen
Leäna Lina Acquistapace

Andere griechische Frauen:
Lampito (Spartanerin) Luise Przybilla
Pamphile (Böotin) Marta Ahlers
Glyke (Anagoretin) Selin Sadak
Mika (Korintherin) Gisa Cording

Athener:
Probulos (Ratsherr) Miguel Weßling Intriago
Zwei Wachen Thees Bodenstab, Sarah Pistoor
Kinesias (Ehemann der Myrrhine) Fabian Logemann
Manes (Sklave des Kinesias) Isabelle Lehr
Bupalos (Unterhändler) Neeltje Sandersfeld
Nikarchos (Unterhändler) Finn Behrens

Spartaner:
Herold Johannes Sparn
Agis (Unterhändler) Sean Hillebrandt-Konjer
Nikon (Unterhändler) Vanda Martinic

Chor der alten Frauen:
Stratyllis (Chorführerin) Daria Heibült
Kritylla Greta Liesenhoff
Kalike Lena Franzen
Rhodippe Marit Kleinert
Alpha Astrid Hullen
Myriam Marta Ahlers
Gea Gisa Cording

Chor der alten Männer:
Strymodoros (Chorführer) Johannes Bölts
Drakes Wilhelm Sparn
Pilurgos Fabian Sommer
Laches Nabil Moschref
Ireneus Isabelle Lehr
Philipp Friederike de Wall
Gerion Grietje Goudschaal

Tänzerinnen:
Laura Baumann
Joy Bredehorn
Deetje Graalfs
Fenna de Regt

 


Aristophanes (445-385 v. Chr.)

Über das Leben von Aristophanes weiß man außerordentlich wenig: Er wurde vermutlich um 445 v. Chr. auf der Insel Aigina bei Athen geboren – 14 Jahre vor Ausbruch des Peloponnesischen Krieges, der sein Leben und Schaffen maßgeblich beeinflusste. Dieser Krieg reichte im Osten über die Ägäis bis nach Kleinasien und dehnte sich im Westen über das Ionische Meer bis nach Sizilien und Unteritalien aus. Beide kriegführenden Parteien, Spartaner wie Athener, erwiesen sich letztlich als Verlierer, da die Perser die Macht an sich zu reißen wussten. Der Krieg hatte eine vernichtende Wirkung auf Politik und Wirtschaft Athens: Die Demokratie wurde zu Grabe getragen, der Staat war ruiniert. Das Bewusstsein um die Gefährdung nicht nur des Staates, sondern einer ganzen Staatsform ist in Aristophanes‘ Werken deutlich spürbar.

Mit bitterem Spott und beißender Ironie bearbeitete er in seinen frühen Komödien aktuelle politische Themen und übte freimütig-derb Kritik am öffentlichen Leben. In seiner mittleren Schaffensperiode verfasste er drei visionäre Stücke, utopische Entwürfe einer Entwicklung zum Frieden: Frieden (421), Die Vögel (414) und Lysistrata (411). Parallel zum Zusammenbruch Athens dominierte in den späteren Komödien skeptische Distanz gegenüber dem Staat; so kritisierte Aristophanes die aus dem Krieg resultierende Armut des Volkes und die Ohnmacht der Politik.

Fast vier Jahrzehnte war der Dramatiker für das Theater tätig und brachte mitunter sogar drei Komödien im Jahr heraus; von seinen 44 der Forschung bekannten Werken sind uns elf erhalten. Große Themen der Zeit wie Krieg und Frieden, Philosophie, Erziehung, Justiz, Staatswesen, Missbrauch der Politik zeigte Aristophanes im Zerrspiegel grotesker Situationen, in denen er das Lächerliche und das Erhabene, das Obszöne und das Heilige, das reale Leben und die Märchenfantasie kontrastierte. Seine deftige, oft gewagt frivole Komik resultierte aus einem tiefen Verantwortungsbewusstsein, das ihn zu einem uner-schrocken attackierenden Pazifisten und Kämpfer für moralische Werte machte. In seinen vielschichtigen Werken war es ihm bis zu seinem Tod um 385 v. Chr. ein immerwährendes Anliegen, seiner Sehnsucht nach einer besseren, friedvolleren Welt Ausdruck zu verleihen.


Erich Fried: Epilog

Das Spiel ist aus. Noch nicht aus sind die Kriege.
Auch zwischen Sparta und Athen der Krieg
ist nicht in Liebe, nein, in Blut erstickt.
So ging’s bis heut, Jahrhundert um Jahrhundert. –
Die Frauen? – Ja, die Frauen haben oftmals
verflucht den Krieg der Männer, Brüder, Söhne.
Sie kämpfen gegen ihn noch immer an.
Doch kommt kein Friede bloß vom waffenlosen Kampf
Der Frauen gegen liebestolle Männer.
Auch Aristophanes hat nicht geglaubt,
es sei so leicht, den Wahnsinn zu beenden,
nur: dass es Wahnsinn war, das wollt‘ er zeigen,
und dass es denkbar wäre, dass die Liebe
siegt über Vorurteil und altgewohnten Hass.
Und wahr ist auch, dass Frau’n – und manche Männer –
von Zeit zu Zeit erkennen, dass das Treiben
von Rüstung, Feindbild, alter Tradition,
Gewohnheits-Unrecht, das sich hält für Recht,
zum Lachen wär, wenn’s nicht zum Weinen wäre.
Drum denkt heut dran, es geht uns alle an,
es gilt für jede Frau und jeden Mann:
Falls ihr noch leben wollt, verteidigt euch –
vor allem gegen den Verteidigungsfall,
in dem es nichts mehr zu verteidigen gäbe!
Denn zu Lysistratas Zeit war der Krieg
Noch menschlich unmenschlich und nicht wie heute.
Es gab noch Sieger und es gab noch Beute,
und Aristophanes konnte noch lachen
und sein Athen noch mit ihm lachen machen.
Wir aber brauchen heute andre Rollen,
wenn wir nicht heut nur, nein, auch morgen lachen wollen.

Aus: Lysistrata, Die Komödie des Aristophanes. Neu übersetzt von Erich Fried und kommentiert von Barbara Sichtermann, Berlin 1985