Programm
DR. JEKYLL UND MR. HYDE
Bereits 1818 hatte Mary Shelley in ihrem Roman Frankenstein oder Der moderne Prometheus von dem jungen Schweizer Wissenschaftler Viktor Frankenstein erzählt, der, getrieben von einem unbändigen Wissensdurst, einen künstlichen Menschen erschuf und keine Grenzen akzeptierte.
In The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde stellt Robert Louis Stevenson den Arzt und Wissenschaftler Dr. Henry Jekyll in den Mittelpunkt seiner Schauergeschichte, die er im düsteren London des späten 19. Jahrhunderts ansiedelt. Privilegiert aufgewachsen in einer bürgerlich-wohlhabenden Familie, ist sich Henry Jekyll von Jugend an seiner zwiespältigen Natur bewusst, die neben einer gesellschaftlich angepassten Fassade von einer schamhaft unterdrückten Schattenseite geprägt ist. Immer mehr ergreift der Gedanke von ihm Besitz, dass, könnten beide Veranlagungen in verschiedenen Körpern untergebracht werden, beide Seiten zu ihrem Recht kämen. Dem Wissenschaftler gelingt die Erfindung einer synthetischen Droge, mit deren Hilfe er sich in zwei Persönlichkeiten mit einem guten und einem schlechten Charakter zu spalten vermag. Während Dr. Jekyll ein sehr sympathischer und untadeliger Mensch ist, verkörpert Mr. Hyde das aggressive Böse und schreckt weder vor Gewalt noch Mord zurück. Nach und nach gewinnt die böse Identität an Dominanz, und der zunehmend verzweifelte Wissenschaftler verliert die Kontrolle, denn bald verwandelt er sich selbst ungewollt in Mr. Hyde.
Seine Freunde, vornehmlich sein Anwalt Mr. John Utterson und der Arzt Dr. Hastie Lanyon, werden mit dem monströsen Unbekannten konfrontiert, nehmen mit detektivischem Spürsinn in den nebeligen, dunklen Gassen Londons die Verfolgung auf und müssen erkennen, dass es zwischen ihrem Freund und dem Ungeheuer eine unheilvolle Verbindung gibt.
Direkte Erklärungen für die Spaltung in Gut und Böse liefert der Autor Stevenson nicht, aber genau das macht die Geschichte so interessant und zugleich unheimlich. Sie gibt dem Bösen, das in jedem Individuum lauert, ein Gesicht, und das kann niemandem gefallen, reizt aber viele. Die Persönlichkeitsspaltung in Gut und Böse ist daher zu einem Motiv geworden, das nicht nur weitere literarische Werke wie Romane und Theaterstücke geprägt hat, sondern auch Filme wie Hulk, Musicals und Songs von z. B. Benny Goodman und der Rockband The Who.
Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt.
Mark Twain, 1835-1910
Nur die Gegensätze lehren einen die Welt kennen:
Wer nicht ums Dunkle weiß, kann das Licht nicht erkennen.
Aus Japan
DR. JEKYLL UND MR. HYDE
Spielleitung | Beate Ladewig, Ulrike Manßen |
Bühne und Technik | Thore Hauschulz, Jannes Manßen, Wilhelm Sparn |
Maske | Svenja Eggers |
Plakat | Daniela Evers |
PERSONEN
Dr. Henry Jekyll | Finn Behrens |
Edward Hyde | Vanda Martinic |
John Utterson | Julius Liesenhoff |
Dr. Hastie Lanyon Ian Brewster Sir Danvers Carew Professor Andrews | Nabil-Gabriel Moschref Fabian Sommer Thanh-Minh Nguyen Marvin Elling |
Mrs. Poole, Haushälterin bei Jekyll Miss Gardiner, Haushälterin bei Utterson | Marta Ahlers Fenna Sandersfeld |
Mrs. Victoria | Kerstin Heibel |
Mrs. Alice | Isabelle Lehr |
Mrs. Elizabeth | Neeltje Sandersfeld |
Miss Agatha Miss Eleonor Miss Genia Miss Leonie Miss Susan | Greta Paul Ida Sandersfeld Kira Baumann Merle Ihmels Svea Baumgart |
Mary, Straßendirne Peggy, Straßendirne Melly, Straßendirne Polizisten | Lena Franzen Fenna Löning Svea Baumgart Jan-Hendrik Ollesch, Max Olthoff, Ole Töpfel |
Claimie, Streichholzverkäuferin Mutter von Claimie Gasmann Zeitungsjungen Statisterie | Hedda Thorweger Jette Haut Ole Töpfel Jan-Hendrik Ollesch, Max Olthoff Jelte Bruns, Sina Frese, Kathrin Heibel, Lukas Kuper, Tessa Leenderts, Gesa Roßkamp, Konstantin Sraschewski und Jan Stiene |
Chor | Mitglieder des Unterstufenchores unter der Leitung von Brigitte Kraus |
ROBERT LOUIS STEVENSON
Robert Louis Stevenson wurde 1850 als einziger Sohn des wohlhabenden Ingenieurs und Leuchtturmbauers Thomas Stevenson in einem sehr religiös geprägten Elternhaus im schottischen Edinburgh geboren. Der oft kränkliche Junge verfasste schon früh Essays und Geschichten, studierte dann aber gemäß der Familientradition zunächst Technik. Aufgrund seines labilen Gesundheitszustandes wechselte er trotz geringen Interesses zu den Rechtswissenschaften, da sein Vater auf einer abgeschlossenen Berufsausbildung bestand. Obwohl Stevenson nach Abschluss des Studiums für die „Faculty of Advocates“zugelassen wurde, übte er den Beruf des Anwalts nie aus, sondern widmete sich sogleich der Schriftstellerei. Auf der Suche nach Linderung für sein lebenslanges Lungenleiden kehrte er Schottland den Rücken und bereiste in den nächsten zwei Jahrzehnten unter anderem Frankreich, Kalifornien, Australien und einige pazifische Inseln, so auch Samoa, wo er im Alter von nur 44 Jahren starb.
Von seinen Eindrücken und Erlebnissen zeugen zahlreiche Reise- reportagen und -erzählungen; daneben zählen Romane, Novellen, Theaterstücke, Gedichte, Essays und Briefe zu seinem umfangreichen Werk. Zu Weltruhm gelangte er als Autor spannender Abenteuer- romane und exotischer Südseeerzählungen. Der Roman Treasure Island(dt. Die Schatzinsel, 1883) und vor allem die Erzählung The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde (dt. Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde, 1886) gehören zu seinen bekanntesten Werken.
Treasure Island, erstmalig publiziert in der Zeitschrift Young Folks, sprach sowohl jugendliche als auch erwachsene Leser an, da das Werk viele klassische Elemente eines Abenteuerromans wie Freibeutertum, Meuterei, Schatzsuche, Gefahren und deren Überwindung beinhaltete und mit Beschreibungen über das Fremde und Exotische reizte. Zudem bereicherte Stevenson dieses Genre, indem er die vielfältigen Charaktere eindringlich psychologisch ausleuchtete.
Das Nebeneinander von Gut und Böse in der Natur des Menschen thematisierte er in seinem nächsten großen Erfolg The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde. Diese von Edgar Allan Poe beeinflusste unheimliche Erzählung greift Motive des Schauerromans, Doppelgängertum, Persönlichkeitsspaltung sowie die Vorliebe für nächtlich-düstere Schauplätze, aus dem 18. Jh. auf.